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Europawahl

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Coolwater

@coolwater

Sehr interessante Feststellung! Aber das möchte ich erstmal statistisch belegt wissen.

Da stochere ich zugegeben ein bißchen im Nebel der fünfziger Jahre. Was die Mickymäuse aus der Zeit angeht, bin ich auch schwach, hab' da nur wenig. Womöglich ist Mitte der Fünfziger für diesen grundlegenden Wandel zu früh angesetzt. Wenn Fuchs ursprüngliche Deutschlandverortungen bei der Zweitbearbeitung fürs Tegedede "verentenhausent", ist natürlich klar, daß wir hier schon in einem neuen Fuchstextzeitalter sind. Die Frage wäre, wann innerhalb von Fuchs I solche unmittelbaren Deutschlandverortungen heimlich, still und leise weniger werden oder irgendwann plötzlich gar nicht mehr auftauchen. Das beschränkte sich natürlich nicht nur die Barksberichte. Ich glaub', in einer der allerersten Mickymäuse gibt's irgendwas mit Micky und Goofy und einem "Onkel aus Frankfurt" oder so. Micky und Goofy hatten irgendwann dann natürlich auch keine Onkel mehr in Frankfurt ...

Die MM lasen in den Fünfziger Jahren Kinder. Die waren damals nicht so aufgeklärt wie Kinder späterer Jahre, schon gar nicht so wie heute.

Ha! Mir als Kind in den Achtzigern mußte der Zeichner eines Rittercomics am Anfang nur eine schöne Pergamentrolle hinpinseln, in der dann was stand wie "Dies ist eine Geschichte, die sich wirklich begeben hat in alten Zeiten ...", und ich hab's geglaubt!

27.05.2024, 21:18:02

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Beppo OP

@beppo

Reden wir mal nicht nur über EF. Ihr Chef war der Herr Kabatek und der hatte seinen Obermotz in Kopenhagen. Alle drei hatten ein Interesse daran, dass die empfindsamen Ösis aus Wien, Graz und Klagenfurt das MM-Heft nicht als ein arrogantes Piefkeprodukt empfanden. Inwieweit die drei dann wirklich optimal im Sinne dieses Interesses handelten, steht noch auf einem anderen Blatt.

28.05.2024, 05:08:01

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Coolwater

@coolwater

Reden wir mal nicht nur über EF. Ihr Chef war der Herr Kabatek und der hatte seinen Obermotz in Kopenhagen. Alle drei hatten ein Interesse daran, dass die empfindsamen Ösis aus Wien, Graz und Klagenfurt das MM-Heft nicht als ein arrogantes Piefkeprodukt empfanden.

Ich glaub' nicht, daß sich wer in Kopenhagen um solche Feinheiten geschert hat. Die haben die Stuttgarter übersetzen lassen, wie sie wollen. Die Fuchs und der Kabatek haben auf österreichische "Befindlichkeiten" aber wohl auch nicht eine Sekunde verschwendet. Das Fuchsdeutsch in der Mickymaus ist "Bundesdeutsch", keine Spur davon, daß man ängstlich darauf bedacht gewesen wäre, Entenhauen mit "Austriazismen" anzureichern, auf daß das die Mickymaus jenseits von Inn und Salzach nicht im Laden liegenbleibe. Das hat die Fuchs und den Kabatek überhaupt nicht gekümmert. Der Erfolg gab ihnen recht. Sie haben die Mickymaus in Österreich eh gekauft – wie jedes andere bundesdeutsche Unterhaltungsdruckerzeugnis. Da aber die Fuchs bei der früheren Verorterei sowieso nie Andeutungen gibt, wo genau man sich dieses Entenhausen zu denken habe, und da in den Berichten ja auch Namen wie Wien fallen, konnte so ein Steppke Bua aus Linz oder Graz, wenn er wollte, schon glauben, dieses Entenhausen liege vielleicht zwischen Innsbruck und Kufstein. Natürlich nur, wenn grad nicht der Seehafen im Bild war.

28.05.2024, 08:56:51

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Anonym

@~anonym~

In der ersten Fassung des Knoblismusberichts lesen wir auf dem Autobahnschild Frankfurt, Basel, Hamburg. Bonn, Wien. Später hat die Fuchs draus Geflügelstädtenamen gemacht. Wir sind hier klar im amerikanischen Westen, in Kalifornien. Also mit fliegenden Fahnen raus aus der Deutschland-Patsche, die die Fuchs zu immer dreisteren Flunkereien treiben mußte, und rettende Flucht in ein namenloses Geflügelland.

Aber warum ins Geflügelland? Warum wurden nicht amerikanische Ortsnamen ausgesucht bzw. beibehalten, weil es ja klar im amerikansichen Westen spielt? Mir fällt dazu auch die eine Geschichte Im alten Kalifornien ein, in welcher Kalifornien und Los Angeles ausdrücklich benannt wurden--zumindest in der mir bekannten Fassung. Waren es bei Fuchs 1 noch deutsche Namen?

28.05.2024, 12:05:13

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duck313fuchs

@duck313fuchs

...den Bericht "Im alten Kalifornien" hat Frau Dr. Fuchs nur einmal und zwar 1988 übersetzt...

28.05.2024, 14:07:07

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Coolwater

@coolwater

Aber warum ins Geflügelland? Warum wurden nicht amerikanische Ortsnamen ausgesucht bzw. beibehalten, weil es ja klar im amerikansichen Westen spielt?

Heute ist Barks ja als großer Künstler anerkannt und verehrt. Kämen die Ducks heute neu nach Deutschland und wollte man die Arbeiten dieses "großen Comic-Meisters" einer erwachsenen Leserschaft neu nahebringen, man wäre wohl auf eine ursprungstreuere Übersetzung bedacht und behielte die englischen Figuren- und Ortsnamen sämtlich bei. So wie's ja auch bei Roman-Übersetzungen oder Film-Synchros gewöhnlich geschieht. Comics waren vor siebzig Jahren Kinderkram – grad im Land, wo die "Hochkultur" über einer als minderwertig angesehenen "Unterhaltungs-" oder "Populärkultur" thront. Die Redaktöre und Übersetzer haben mit den Comics gemacht, was sie wollten. Prinz Eisenherz ist eigentlich ein Erwachsenencomic. Aber auch den Prinzen von Thule haben sie hier damals kurzerhand zum Eisenherz verdeutscht. Was ich nicht schlecht finde. Heut tät' man ihm aus Ehrerbietung vor Hal Fosters Schaffen scheu seinen Namen Valiant lassen, der ja im Deutschen keinerlei Bedeutung hat. "Eisenherz" ist eigentlich eine "kongeniale" Verdeutschung von "Valiant" (= "tapfer"). Man würde sie heute nicht mehr wagen. Die Fuchs wollte Entenhausen ja durchaus entamerikanern, eindeutschen, aus dem Schatz der deutschen Sprache schöpfen, Donald und den Seinen Goethe, Schiller und was weiß noch in den Mund legen und ein deutsches Sprachfeuerwerk entzünden. Und mit Hamburg, Bonn, Frankfurt hat die Fuchs Entenhausen anfangs richtiggehend nach Deutschland verlegt. Das aber, so meine "These", schien ihr nach einiger Zeit doch zu starker Tobak. Zu viele Indianer gleich hinter der Stadtgrenze und solche Sachen. Somit kam's zu dem Zwittergebilde des Geflügellandes, wo alles stark nach Amerika aussieht, die Fuchs aber trotzdem ihrem Affen Zucker geben kann und die lieben Leute munter die deutsche Sprache und Kultur pflegen läßt.

28.05.2024, 15:22:21

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Coolwater

@coolwater

Auch wenn wir sagen, Barksens Duckburg ist unbestimmt in "Kalifornien" angesiedelt, ist Im alten Kalifornien ein besonderer Fall eines Kalifornienberichts, denn die Ducks "reisen" ja ins (erträumte) alte Kalifornien zurück, in Kaliforniens Wildwestvergangenheit. Der Schauplatz dieses Berichts ist eher vergleichbar mit anderen "exotischen" Schauplätzen in Duck-Reiseberichten, etwa Afrika im Zombiebericht Es wäre einem Übersetzer gewiß grundsätzlich möglich, die Spuren der kalifornisch-wirklichen Orte unserer Welt in diesem Bericht zu beseitigen, diesen Bericht aus der wirklichen Geschichte und Verortung in unserer Welt herauszubrechen, etwa Kalifornien zu einem "Cowboy Country" und Los Angeles zu "Cowboy City" zu verblödeln. Aber es müßten schon englische (oder in diesem Fall auch spanische) Namen sein, damit der Wildwestschauplatz auch in dieser Verblödelung, Verkindlichung noch stimmig wirkt. Dagegen in diesem Bericht Los Angeles zu einem Schwanenstedt an der Schwentine und den Ezry zu einem Hans-Dieter umzutrimmen, das käm' eher schräg daher. Die Fuchs hatte schon ein Feingefühl, wann ein deutscher Name unangebracht war. Die Orte in den Entenhausener Landen haben gewöhnlich deutsche Namen, aber wenn's dann doch eine Wildwest-Geisterstadt ist, die auch so ausschaut, wie eine Wildwest-Geisterstadt halt ausschaut, tauft die Fuchs sie mit sicherem Gespür fürs Richtige Circle City (heißt im Urbarks gar nicht so).

28.05.2024, 18:50:24

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Die Fuchs hatte schon ein Feingefühl, wann ein deutscher Name unangebracht war.

Ja, das hatte sie. Sie wusste, wann sie etwas nach Deutschland oder Europa verlegen konnte und wann nicht. Ein Kontrastbeispiel ist H. Herlitschkas Übersetzung von Brave New World für den Insel Verlag 1932. Er verlegte das Geschehen von London nach Berlin und auf den Militärflugplatz Döberitz bei Berlin. Die Absicht war gut, es war eine Anspielung auf den kommenden NS-Staat, und er wollte, dass die Leser das merken. Übersetzungstechnisch war es aber ein Irrtum. Ein besonders schlimmer, weil der Insel Verlag, berüchtigt für immer wieder neue Neuauflagen alter und schlechter Übersetzungen (kostensparend), diese Erstübersetzung bis Ende der 1970er Jahre weitergeschleppt hat. Da sagte der Ortsname Döberitz kaum einem Leser etwas. Döberitz war ein Nest in der DDR – na und? So einen Fehler hat Erika Fuchs nie gemacht. Sie wusste ganz gut, wann es möglich war, "Bodensee" zu schreiben, und wann "Los Angeles" am Platz war. Oder Frost-City oder Freezed Foot oder Rapid-City oder sonst was. Ich glaube nicht, dass sie das groß reflektiert hat. Sie hatte aber viel Sinn für Sprache und Zusammenhänge und hat daher oft das Richtige getroffen.

28.05.2024, 21:25:09

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Coolwater

@coolwater

Goofys Onkel in Frankfurt in der allerersten Mickymaus: Es gilt zweierlei scharf zu scheiden: Da sind zum einen in den ersten Mickymausjahren Ortsnamen wie Frankfurt, Hamburg, Basel, Bonn, Bodensee. Dies ist das klare Bemühen, Entenhausen in einen hiesweltigen erdräumlichen Bezugsrahmen zu setzen, es in Deutschland einzusenken. Dann sehen wir, auch wesentlich später, als die Verdeutschlandung längst Vergangenheit und Entenhausens Ort in Geflügelland fest ist, immer wieder eingestreut Namen von kleinen Orten aus Fuchsens oberfränkischer Wahlheimat wie Kirchenlamitz, Kleinschloppen, Schnarchenreuth. Das ist meines Erachtens nicht im Ernst als Versuch zu werten, Entenhausen im Oberfränkischen zu verorten. Fuchs war zweifellos klar, daß die Namen dieser Örtchen jenseits der Fichtelgebirgsgegend kaum wem was sagten. Es handelt sich vielmehr um Anspielungen oder Scherze für "Eingeweihte".

28.05.2024, 22:01:43

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Beppo OP

@beppo

Das MM-Heft war von Anfang an eine Zeitschrift für D, A und CH. (Die Umsätze im Saarland und in Luxemburg waren wohl nur Peanuts.) Entsprechend wird ein Phantasieland geschildert, in dem man Deutsch spricht. "Welt" reimt sich auf "gefällt". Das Land ist aber nicht Deutschland. Die Richtlinien der Politik bestimmt kein Herr Adenauer. Die Bahn heißt nicht Deutsche Bundesbahn. Im Entenhausener Postamt sieht man Postsäcke mit der Aufschrift "Bundespost" (MM 11/1953). Damit kann ein Ösi oder ein Eidgenosse leben. Sein Heimatland hat auch eine föderale Struktur. Ein F************ würde wohl eher etwas wie "Nationale Post" erwarten. Ich glaube, so kann man die statistische Seltenheit des Worts "Deutschland" erklären. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer diie Regel.

29.05.2024, 03:40:07

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